Albert Camus hat in „Der Fremde“ eine Rolle geschaffen, einen Charakter, der uns allen fremd ist und uns doch auch wieder spiegelt, vielleicht auch, weil wir ihn letztlich nicht verstehen oder/und ihm nicht bis in die letzte Konsequenz folgen wollen. Es ist mit Abstand der meistgelesene französische Roman, ein Grundpfeiler des Existenzialismus.
Luchino Visconti hat die Geschichte, die in 30ern in Algerien spielt – als das Land von Frankreich regiert wurde und viele Franzosen dort gelebt haben –, mit Marcello Mastoianni verfilmt. Das war 1967, etwa 25 Jahre nach dem Roman.
Es geht um den jungen Meursault, der in einer Handelsniederlassung arbeitet, sich verliebt, von einem groben, lauten Freund beeindruckt – aber auch gegängelt – wird und eines Tages unter der heißen Sonne des südlichen Mittelmeerstrandes einen Algerier erschießt.
In dem darauf folgenden Prozess hat er nichts zu sagen und je mehr die Verhandlung voranschreitet, umso weniger geht es um die Tat, sondern darum, ob Meursault beim Tod seiner Mutter geweint hat, was er hier und da gefühl hat, ob er überhaupt Gefühle hat.
François Ozon schickt seinen existentialistischen Helden in eine schwarzweiße Vergangenheit, die er gleichzeitig in die Gegenwart holt, indem er immer wieder mit Archivbildern den zeitlichen Abstand deutlich macht. Im Mittelpunkt stehen neben Benjamin Voisin (der schon den ,Frantz‘ gespielt hatte) Rebecca Marder als Meursaults Geliebte, deren Rolle Ozon vergrößert hat. Wie kann sie einen Menschen lieben, der so nach innen gekehrt ist?
Drehbuch, Regie François Ozon
nach dem Roman von Albert Camus
Kamera Manu Dacosse
Musik Fatima Al Qadiri
Besetzung Benjamin Voisin, Rebecca Marder, Pierre Lottin, Denis Lavant, Swann Arlaud
FR 2025, 123 Min., frz./arab.OmU|dtF, ab 12